Mikromagnetische Simulation

Simulierter Umschaltvorgang in einer Permalloy-Nanodisk (Durchmesser: 700 nm; Dicke: 20 nm) zwischen den beiden gesättigten Zuständen A und E. Grün-rote Pfeile geben die Orientierung der mikroskopischen magnetischen Momente in der Disk an. Die Hysterese-Kurve gibt die Magnetisierung entlang des Magnetfeldes an.

Die experimentell ermittelten Domänenmuster, die wir mit lokalen Sonden (Hall-Nanomagnetometer, Magnet-Kraft-Mikroskop, magneto-optische Kerr-Mikroskopie) an ferromagnetischen Mikro- und Nanomagneten messen, werden mit theoretischen Vorhersagen verglichen. Diese werden errechnet auf der Grundlage der Landau-Lifshitz-Gilbert-Gleichung (LLG), die die Bewegungsgleichung der Magnetisierung darstellt. Zur Lösung der LLG verwenden wir das kommerziell erhältliche Programm MicroMagus. Damit führen wir mikromagnetische Simulationen zu den Domänenmustern, zu den Hysterese-Eigenschaften und zu den Streufeld-Verteilungen durch.


Simulierte Magnetisierungskurve (geschlossene Symbole) verglichen mit dem hysteretischen Verlauf gemessen im Streufeld einer Permalloy-Nanodisk mit Hall-Nanomagnetometrie (offene Symbole).

Im Bild oben ist die berechnete Hysterese einer Permalloy-Nanoscheibe gezeigt. Mit Hilfe der Streufeld-Messung unter Verwendung eines nanostrukturierten Hall-Sensors haben wir das Ummagnetisierungsverhalten auch experimentell studiert. Tatsächlich spiegelt die Hall-Kurve die Hysterese der ferromagnetischen Nanostruktur sehr detailliert wider. Es ist deshalb zu vermuten, daß die hergestellte Nanoscheibe über den sogenannten Vortex-Zustand (Zustand C im Bild oben) ummagnetisiert. Ein derartiger Magnetisierungszustand eignet sich als magnetischer Speicher, da im Umlaufsinn der mikroskopischen magnetischen Momente zwischen linksdrehend und rechtsdrehend unterschieden werden kann. Dies stellt zwei unterschiedliche Speicherzustände dar. Gleichzeitig ist das Streufeld nach außen sehr gering, wie die durchgeführte Hall-Messung zeigt.


Wir verwenden die mikromagnetischen Simulationen auch, um das inhomogene Streufeld, das von ferromagnetischen Nanostrukturen ausgeht, zu berechnen und darzustellen. Dies ist zum einen äußerst interessant, wenn die magnetostatische Wechselwirkung zwischen Ferromagneten im Detail untersucht wird. Zum anderen nutzen wir die theoretischen Ergebnisse, um die Transmission von ballistischen Elektronen durch die inhomogenen Magnetfelder zu verstehen (siehe dazu Nanostrukturierte Magnetfeld-Sensoren), die beim Umschalten von ferromagnetischen Strukturen auftreten.

Im Forschungsfeld "Magnonics" nutzen wir die mikromagnetischen Simulationen, um Spinwellen-Anregungen in indivduellen Nanomagneten und in periodisch nanostrukturierten magnetischen Bauelementen zu studieren. Hier interessieren uns zurzeit insbesondere Spinwellen, die durch räumlich ausgedehnte Strukturen (einige µm bis wenige 10 µm) propagieren. Derartige Simulationen erfordern eine große Rechenleistung, die wir durch spezielle IT-Infrastruktur zur Verfügung stellen.

Zwei-Mikromagnet-System aus NiFe: Domänenmuster in drei verschiedenen äußeren Magnetfeldern und die dazugehörigen Streufeld-Verteilungen (dargestellt ist jeweils die Komponente entlang des in y-Richtung angelegten Magnetfeldes).

Siehe hierzu z.B.:
  • R. Huber and D. Grundler: "Ferromagnetic nanodisks for magnonic crystals and waveguides", Proc. SPIE 8100, Spintronics IV, Henri-Jean M. Drouhin; Jean-Eric Wegrowe; Manijeh Razeghi, Editors, 81000D (2011).
  • S. Neusser, G. Duerr, S. Tacchi, M. Madami, M.L. Sokolovskyy, G. Gubbiotti, M. Krawczyk, and D. Grundler: "Magnonic minibands in antidot lattices with large spin-wave propagation velocities", Phys. Rev. B. 84, 094454 (2011).
  • S. Neusser, B. Botters, and D. Grundler: 
    „Localization, confinement, and field-controlled propagation of spin waves in antidot lattices”, Phys. Rev. B 78, 054406 (2008). 
  • T.M. Hengstmann, D. Grundler, Ch. Heyn, and D. Heitmann: „Stray field of permalloy nanodisks”, J. Appl. Phys. 90, 6542 (2001). [abstract: click here]