Vernissage: ...nur Stühle? Kinderstühle der Sammlung Neuwald


v.l.n.r.: Giandomenico Belotti, Lehnstuhl „Spaghetti Chair“, 1979. Metall; Kunststoff (PVC). Hersteller: Alias S.p.A., Grumello del Monte, Italien. / Alvar Aalto, Lehnstuhl Nr. 65, 1931-1933. Holz (Birke), Stuhlbeine im oberen Teil schichtgeleimt, lackiert; Linoleum. Hersteller: Artek, Helsinki, Finnland. / Javier Mariscal, Lehnstuhl „Julian“, 2005. Kunststoff (Polyethylen). Hersteller: Magis S.p.A., Torre di Mosto, Italien. Fotos: A. Laurenzo

Der Kinderstuhl nimmt in der Designgeschichte eine besondere Rolle ein. Während die Erfindung des Stuhles ins Altertum zurückreicht, lassen sich erst deutlich später speziell für Kinder angefertigte Sitzmöbel nachweisen, die allerdings Adel und Bürgertum vorbehalten waren. Im Laufe des 19. Jahrhunderts etablierte sich im Zuge der Industrialisierung sowie der erstarkenden Bedeutung der Pädagogik der Kinderstuhl als eigenständige Gattung des Designs. Anhand seiner Geschichte lässt sich die Entstehung neuer Konstruktionsmethoden und Materialien ebenso exemplarisch nachverfolgen wie die Veränderung der gesellschaftlichen Situation von Kindern. Die Firma Thonet leistete nicht nur dahingehend Pionierarbeit, dass sie durch die Erfindung des Bugholzverfahrens der breiten Bevölkerung den Erwerb moderner Sitzmöbel ermöglichte. Sie wandte sich auch dem Vertrieb von kindgerechtem Mobiliar zu. Bereits auf ihrem zweiten Katalogblatt von 1866 wurden Möbel speziell für Kinder angeboten. Als nur wenig später die ersten Architektenmöbel die Gestaltung des Wohnens zu revolutionieren begannen, ließen sich in den programmatischen Entwürfen u.a. eines Josef Hoffmann auch Einrichtungen für Kinderzimmer finden. Seitdem haben sich zahlreiche Gestalter mit den hohen Ansprüchen auseinandergesetzt, die der Entwurf von kindertauglichen Möbeln mit sich bringt. Die ergonomischen und hygienischen Herausforderungen bei der Gestaltung eines Kinderstuhles ebenso wie dessen möglichst vielseitige Einsetzbarkeit haben im Laufe der vergangenen Jahrzehnte verschiedenste Arten von Sitzobjekten entstehen lassen. Deren Bandbreite reicht vom Designklassiker in Kindergröße bis hin zum innovativen Sitzobjekt, das sich gleichermaßen als Stuhl wie auch zum Spielen eignet. Einen Eindruck dieser praktischen, fantasievollen und innovativen Gestaltungslösungen bietet die Sammlung von Kinderstühlen der Münchnerin Gisela Neuwald, die Die Neue Sammlung in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Raumkunst und Lichtgestaltung der Technischen Universität München (TUM) präsentiert. Seit den 1970er Jahren hat Frau Neuwald mehr als 290 Objekte aus aller Welt zusammengetragen, deren Spannweite sowohl die Klassiker des modernen Designs, aber auch Kuriosa und Volkskunst umfasst. Diese wurden im Rahmen eines langjährigen Forschungsprojektes im Fach Möbeldesign an der Fakultät für Architektur der TUM untersucht und klassifiziert. Die hiervon angeregte Präsentation stellt im zweiten Obergeschoss der Pinakothek der Moderne eine Auswahl der bedeutendsten Entwürfe vor. Sie beleuchtet die verschiedenen Gesichtspunkte, anhand derer die Entwicklung des Kinderstuhles vom Biedermeier bis heute bewertet werden kann.

Begleitend zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

Kuratorin: Dr. des. Anna-Sophia Reichelt
In Zusammenarbeit mit Dipl. Ing. Architektin Bettina-Maria Mueller

Wann
Vernissage: 06.12.2017, 18h
Ausstellung: 07.12.2017-04.02.2018
Dienstag-Sonntag 10-18h, Donnerstag, 10-20h

Wo
Die Neue Sammlung – The Design Museum
Pinakothek der Moderne
Barer Str. 40, 80333 München