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Workshop und Call for Papers "Alternativentwürfe. Aufbruchsversuche in Wissenschaft und Hochschule seit den 1960er Jahren"

14.07.2015


An der Universität zu Köln findet am 07.12.2015 ein interessanter Workshop zum Thema "Alternativentwürfe. Aufbruchsversuche in Wissenschaft und Hochschule seit den 1960er Jahren" statt.


Die Einreichung von Beiträgen ist noch bis zum 31.07.2015 per Email an s.schregel@uni-koeln.de möglich.

 

Zu den Inhalten:

Wie schaffen wir andere, bessere, gerechtere Hochschulen, und wie  könnte eine Wissenschaft aussehen, die ihre Legitimation und Fragen  nicht zuletzt auch aus den Problemen der Gesellschaft schöpft?  Angetrieben von Fragen wie diesen, entstanden seit den 1960er Jahren  zahlreiche Alternativentwürfe von Wissenschaft und Hochschule. Diese beschränkten sich nicht auf Versuche, die Mitbestimmung von  Studierenden und Mitarbeitern an universitären  Entscheidungsfindungsprozessen zu erweitern. Auch die Verfahren und  Gegenstände von Forschung und Lehre selber wurden zum Gegenstand  politisch-sozial inspirierter Aufbruchsversuche.

In der Lehre befassten sich Studierende und Lehrende etwa mit der  Möglichkeit von nicht-hierarchischen Lehr- und Lernformaten, zum  Beispiel als Kritik an Vorlesungen, oder im Plädoyer für Gruppenarbeit  oder studentische Arbeitsgemeinschaften. Hochschuldidaktiker dachten  nach über Möglichkeiten „partnerschaftlichen Lernens“, die  Verbesserung von Lernprozessen durch emotionale Beteiligung oder die  Einführung von „Unterrichtskritik“ (zum Beispiel durch die Einholung  von „Vorlesungsrezensionen“).

Experimente mit neuen Studienstrukturen  wie der einstufigen Juristenausbildung gehörten ebenso zu den  Alternativentwürfen der 1960er bis 1980er Jahre wie der Versuch, einen  veränderten Umgang mit Prüfungen zu schaffen. In der Forschung versuchten unterschiedliche Akteure, Themenbereichen  mehr Gewicht zu geben, die sie für gesellschaftlich besonders wichtig,  aber unterrepräsentiert hielten. Dies führte – wie im Fall der Frauen-  und Geschlechterforschung, der Ökologie-, der Nachhaltigkeits- und  Energiedebatte oder der Friedensforschung – zur Stärkung besonderer teildisziplinärer Schwerpunktsetzungen oder begünstigte die  Etablierung neuer Disziplinen. Auch die Verfahren und Methoden der  Forschung (beziehungsweise genereller: der Erschließung und  Entwicklung von Neuem) wurden zum Gegenstand von Veränderungsversuchen  – etwa in der Betonung gruppenorientierten Forschens und dem Streben  nach Interdisziplinarität, in kooperativen Formaten der  Forschungsförderung, in einer vermehrt partizipativen Orientierung  etwa des Planungs- und Entwurfsdenkens, oder im bewussten Einbezug von  Erforschten und Forschenden in den Forschungs- und Erkenntnisprozess  selber. Mit Zeitschriften wie Arch+, Kritische Justiz oder  Wissen-schaft und Frieden entstanden zudem spezielle  Publikationsorgane, die unter anderem darauf abzielten, Wissenschaft,  Gesellschaft und Politik stärker miteinander zu verbinden. 

Nicht zuletzt führten Alternativentwürfe der Wissenschaft auch aus der  institutionalisierten Forschung und Lehre hinaus oder schufen „andere  Räume“ innerhalb der Hochschulen. Dies passierte etwa in  Projektgruppen, in Formaten wie dem „Energieseminar“ an der TU Berlin,  in hochschulnahen Ereignissen wie den „Frauenuniversitäten“ oder in  Kunstprojekten. 

Der Workshop möchte diesen Alternativentwürfen im Wechselspiel von  Wissenschaft und Politik an konkreten Fallbeispielen nachgehen. Die  Zusammenfassung von Phäno-menen wie den oben umrissenen als  Alternativentwürfe soll hierbei eine Reflexion über eine Veränderung  von Wissenschaft jenseits der Figuren von Reform und Revolution  ermöglichen; sie betont ein Moment der Distanzierung gegenüber dem  Bestehenden, der – sowohl in „technokratisch“-planerischen wie in  politisch-radikalisierten Kontexten – in eine zukunftsoffene und in  ihrem Verlauf durchaus undeterminierte Suchbewegung übergehen konnte.  Die Rede von den Alternativentwürfen soll zudem dazu anregen, neben  Wissenschafts“ideen“ auch nach der kreativ-gestalterischen,  experimentellen Seite alternativer Wissenschaftsreflexionen zu fragen  und diese in Zeit und Raum zu verorten. Auf diese Weise will der Workshop Wissenschafts-, Wissens- und  Universitätsge-schichte mit der Historiografie politisch-sozialer  Bewegungen in der Folge von „1968“ und insbesondere der Geschichte des  alternativen Milieus zusammenbringen.

Neben einem Austausch über  konkrete Alternativentwürfe und ihre Folgen bietet er die  Möglichkeit, über die jeweiligen Hochschul- und  Wissenschaftsvorstellungen zu diskutieren, die den Alternativentwürfen  zugrunde lagen, und auszuloten, was dies für Bedingungen und  Möglichkeiten der Gestaltung von Wissens- und Lehrformen generell  bedeuten könnte. Im Bestreben, die Vielgestaltigkeit politisch-sozialer  Aufbruchsversuche in den Teilbe-reichen der Wissenschaften sichtbar zu  machen, sind Beiträge zu den Geistes-, Sozial-, Kunst-, Natur- und  Technikwissenschaften gleichermaßen erwünscht. 

Interessierte werden gebeten, einen Themenvorschlag von etwa 2000 Zeichen bis zum 31.07.2015 an s.schregel@uni-koeln.de zu senden.  Reise- und Übernachtungskosten können übernommen werden. Der Workshop findet am 07.12.2015 statt. Er ist eine Veranstaltung der  a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne, Research Lab  „Transformationen des Wissens“, in Kooperation mit dem Historischen  Institut der Universität zu Köln.