Call for Papers der Deutschen Gesellschaft für Soziologie
12.03.2017
4. Bildungssoziologische Forschungswerkstatt - Frühjahrstagung 2017 der Sektion Bildung und Erziehung
Mit ihrer Frühjahrstagung 2017 will die Sektion Bildung und Erziehung erneut eine Forschungswerkstatt nutzen, um dem gemeinsamen, vertieften Einblick in bildungssoziologische Untersuchungen Raum zu geben. Sie setzt damit zum vierten Mal ein Veranstaltungsformat ein, das sich in den vergangenen zehn Jahren als geeignet erwiesen hat, unterschiedliche bildungssoziologische Problemstellungen thematisch, methodisch und theoretisch vertiefend zu diskutieren. Die erste Forschungswerkstatt im Jahr 2006 war noch stark von dem schlechten Abschneiden des deutschen Bildungssystems in den ersten PISA-Studien und der darauffolgenden Zunahme und Förderung insbesondere makrosoziologischer Untersuchungen empirischer Bildungsforschung geprägt. Die Forschungswerkstatt der Sektion Bildung und Erziehung konzentrierte sich dagegen auf mikrosoziologische Forschungszugänge, um der Frage nach der praktischen (Re-)Produktion sozialer Ungleichheit innerhalb des alltäglichen Bildungsgeschehens nachzugehen. Besonderes Gewicht lag dabei auch auf Fragen nach dem jeweiligen Methodendesign und den praktischen Forschungsherausforderungen, die im Rahmen der Beiträge zur Diskussion gestellt werden sollten.
Ein besonderer Fokus wird auf Wahrnehmungen und Mechanismen sozialer, kultureller und geschlechtlicher Differenzierungsstrategien und Ungleichheit in Bildungsprozessen, -institutionen und außerinstitutionellen Bildungskontexten liegen. Ebenfalls können Transitionsprozesse im Bildungsverlauf oder auch der Zusammenhang von Bildung und sozialer Mobilität im Zentrum stehen.
Darüber hinaus sind besonders Angebote gewünscht, die danach fragen, inwieweit Bildung als ein Beitrag zu Integration, Inklusion oder Emanzipation aufzufassen ist und wie diese Einschluss- oder Befreiungsprozesse aus Sicht der Akteur*innen gefüllt und zum Ausdruck gebracht werden:
- Die integrative oder inklusive Funktion von Bildung. In Politik, Medien und Wissenschaft wird Bildung häufig als idealer Integrationsmotor dargestellt. Inwieweit sehen sich Menschen durch die Teilnahme an formalen oder informellen Bildungsprozessen in Lebenswelten einbezogen, die ihnen ohne diese Teilnahme verschlossen(er) blieben? Gilt diese Integrationsfunktion für alle Bildungsteilnehmer*innen oder nur für bestimmte, wie beispielsweise für geflüchtete Menschen, Menschen mit Migrations-hintergrund oder Menschen mit Behinderungen? Wer also sieht sich durch Bildung integriert und wer nicht? Gehen mit diesem integrativen Prozess Ambivalenzen einher und wie werden sie erlebt? Werden durch Betonung der integrativen bzw. inklusiven Funktion bestimmte Unterscheidungen hervorgehoben und welche Auswirkungen sind damit für die Betroffenen verbunden? Wie müssen Bildungsprozesse gestaltet sein, damit sie integrative Funktionen überhaupt erfüllen können, ohne zugleich auf andere eine selektive Funktion auszuüben?
- Die emanzipatorische Funktion von Bildung, die häufig als Bildungsideal hervorgehoben wird. Wovon und wozu aber befreit Bildung aus der Sicht derer, die am Bildungsgeschehen beteiligt sind? Welche Bedingungen sind dazu erforderlich? Sind Emanzipationsbestrebungen ein Bildungsmotiv oder eher ein unbeabsichtigter Nebeneffekt? Welche Art von Autonomie wird durch welche Art von Bildungsprozess eigentlich erlangt? Wie werden derartige Prozesse erlebt und wie sieht die konkrete Praxis dieser Emanzipation aus der Fallperspektive aus? Und wie ist es um die "zementierende Funktion" bestehender Ungleichheitsverhältnisse durch Bildung bestellt? In welchem Verhältnis stehen diese beiden Funktionen zueinander und wie ist beides zugleich denkbar?
In parallelen Workshops soll für die einzelnen Beiträge jeweils etwa zwei Stunden Zeit sein, um gemeinsam Einblick in die Thematik, die theoretischen Rahmungen, verwendeten Methoden sowie die forschungspraktischen Erfahrungen und Probleme zu nehmen. Dabei kann auch gemeinsam direkt am Material gearbeitet werden, etwa an Interviewtranskripten, Beobachtungsprotokollen, Video- oder Audiomitschnitten oder auch an Foto- und Bildmaterial, das die Referent*innen einbringen möchten.
Wir freuen uns auf Vorschläge aus bildungssoziologisch akzentuierten Forschungsprojekten und besonders auch von Nachwuchswissenschaftler*innen, die Themen und Problemstellungen ihrer Qualifikationsarbeiten in die Diskussion einbringen.
Bitte richten Sie Vortragsangebote mit einem maximal zweiseitigen Abstract (bitte als pdf) bis zum 20. März 2017 an:
- Dr. Andrea Lange-Vester: andrea.lange-vester@hs-hannover.de
- Dr. Maja Suderland: maja.suderland@h-da.de