Schule designen!

Designmethodik für Lernprozesse und Lernumwelten

Kann man Schule und Design sinnvoll verbinden? Was passiert, wenn man Schule aus Designperspektive betrachtet? Gemeint sind nicht nur Schulgebäude und Schulmöbel, sondern auch Lehrmittel, Lernmittel und Lernprozesse. Wie können wir das Umfeld Schule und die darin stattfindenden Prozesse genau beobachten, kritisch hinterfragen und gezielt gestalten? Dieser Frage sind 21 Studierende der Fachrichtungen Industrial Design und Architektur an der TUM in einem Kooperationsprojekt mit der Südschule Bad Tölz nachgegangen.

Initiiert und gefördert wurde das Projekt durch die Hans Sauer Stiftung. Zusammen mit Schülern, Lehrern und Eltern haben die Studierenden unterschiedliche Projekte entwickelt und erprobt.

 

Angepasst an die Situation vor Ort, bedarfsorientiert und niedrigschwellig umsetzbar sollten die Maßnahmen sein.

Zusammen mit Schülern, Lehrern und Eltern haben die Studierenden unterschiedliche Projekte entwickelt und erprobt. Angepasst an die Situation vor Ort, bedarfsorientiert und niedrigschwellig umsetzbar sollten die Maßnahmen sein.

Entstanden sind hierbei sieben Entwürfe, die zusammen die Vielschichtigkeit des schulischen Alltags widerspiegeln. Ernährung, Integration, Kommunikation, Identifikation, Präsentation, Spielen und Forschen sind die Themen mit denen sich die Studierenden auseinandergesetzt haben. Die Fokussierung auf gesellschaftliche Themen ist für Gestaltungsaufgaben eher unüblich. Doch gerade hierin liegt die Herausforderung für zukünftige Designer.

Cue - not every classroom has four walls...


Ziel des Entwurfes ist es, den Lehr- und Lernraum der Südschule Bad Tölz auf Strukturen und Einrichtungen in der Nähe zu erweitern. Da sich im Klassenzimmer meist einseitige und altbewährte Unterrichtsmethoden behaupten, bleibt in der Regel nicht mehr genug Raum für individuelles und exploratives Lernen.


Das Lernen wird aus der geschlossenen Struktur herausgelöst und integriert sich in das regionale Umfeld. Dabei schaffen bereits bestehende Räume neuen Platz zum Entdecken. Das Konzept unterstützt sowohl bei der Planung, als auch bei der Durchführung eines erlebnisorientierten Unterrichts ausserhalb der gewohnten vier Wände und besteht aus Kreativspiel, Plattform und Rucksack.

Mit Hilfe des Legespiels können Lehrer schrittweise eine Unterrichtseinheit gestalten und planen. Das Spiel regt zum Umdenken an und fördert die Kreativität. Die Website ist ein strukturierter Bottom-Up Service im Sinne eines Wissenspeichers und ermöglich den Austausch von didaktischen Unterrichtsmethoden für die Stunde draußen. In dem neuen Aktionsraum können Lehrer ihre Ideen teilen und sich von anderen inspirieren lassen. Der Rucksack lässt sich in drei Einzelstücke teilen: Ein Sitzkissen, einen Sammelkorb und eine rollenförmige Umhängetasche. Er kann den Raum einer Umgebung abstecken und schafft eine gemeinsame Mitte. Gleichzeitig bietet er Platz für die benötigte Ausrüstung. Vor Ort lassen sich mühelos diverse Materialien in ihm sammeln.

Entwurfsverfasser
Albrecht Freya, Christof Stefanie, Römmelt Alexander

Hock Di her - Flexible Sitz-und Ablageflächen auf den Stufen der Aula


Die Aula der Südschule in Bad Tölz ist als architektonischer Mittelpunkt der Schule Dreh- und Angelpunkt allen Geschehens für Schüler und Lehrer. Schüler nutzen diese hauptsächlich als Aufenthaltsort und für Gruppenarbeiten. Ausgelegt ist die Aula jedoch, mit ihrer Bühnenfläche und der Tribüne, bestehend aus vier Stufen mit einer Länge von 13m, in erster Linie für Veranstaltungen.


Ziel von „Hock di´ her“ ist es, die Ausstattung der Aula ihrer Hauptnutzung anzupassen, in dem Orte der Zusammenkunft für Aufenthalt und Arbeit geschaffen werden.

Das Konzept sieht vor die vorderen 40cm der 80cm tiefen Sitzstufen für ein angenehmeres Sitzen mit Holz zu verkleiden. So wird ebenfalls eine Separation zwischen Lauf- und Sitzfläche erreicht. Gleichzeitig fungiert die Holzauflage als Schiene für die Erweiterung der Sitzfläche in Form eines oder mehrerer multifunktionaler Hocker. Diese bieten Schülern die Möglichkeit Sitzgruppen zu bilden und sich bei Augenkontakt in einem Halbkreis zu unterhalten. Für das Erledigen kleiner Arbeiten oder Gruppenaufgaben im Rahmen des Unterrichts kann der Hocker durch einfaches Anheben der oberen Platte zu einem Tisch mit darunterliegender Ablagefläche umfunktioniert werden.

Bei Veranstaltungen in der Aula können die Hocker problemlos aus ihrer Schiene genommen und als weitere Sitzplätze an den Rändern der Bühnenfläche verwendet werden.

Entwurfsverfasser
Lena-Balea Brockmann, Elisabeth Tsechanski, Jia Zeng

Pause! Bewusste Ernährung für die optimale Pause


Viel unnötige Zeit geht beim Anstehen am Pausenverkauf verloren. Wäre es nicht besser man könnte sofort essen und spielen? Wir haben uns zur Aufgabe gemacht den Nutzen der Pause in einer Broschüre zusammen zu fassen. Ausgewogene Ernährung soll an der Südschule bewusster gestaltet werden. Dazu gehört auch eine einfache Visualisierung des Angebots und der Inhaltsstoffe.

Um die Pause für die Schüler so optimal wie möglich zu gestalten, spielen mehrere Faktoren eine Rolle! Eine Stempelkarte für den Pausenverkauf beschleunigt den Prozess an der Kasse und verschafft den Kindern mehr Zeit, in der sie sich regenerieren und soziale Kontakte pflegen können. Des weiteren erleichtern Info-Tafeln die Auswahl und Übersicht, um die Entscheidung so einfach wie möglich zu gestalten! Informationen zu den Inhaltsstoffen der einzelnen Angebote sind mit Farbkennzeichnungen und Symbolen dargestellt und weisen auf mögliche Probleme für Allergiker, Vegetarier oder Kinder mit muslimischem Glauben hin! Außerdem ermöglichen vorgegebene Kombinationen eine Auswahl im vernünftigen Rahmen. Eine ausführliche Broschüre zum Thema Ernährung zeigt auch den Eltern und Lehrern auf, wie sich das Essverhalten auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Schüler auswirkt und das aktuelle Angebot verbessert oder ergänzt werden kann.

Ausreichendes Trinken, die richtige Ernährung und Qualität des Essens sollten einen höheren Stellenwert im Bewusstsein der Schüler einnehmen!

Entwurfsverfasser
Tojan Bieber, Nils Christensen, Matthias Zinkl

Rotado! - Aktionen zur Anregung der Kommunikation

Schulpflichtige Kinder und Jugendliche (im Alter von 6-16 Jahren) mit Migrationshintergrund und mit fehlenden Deutschkenntnissen kommen in der Regel in sogenannte Sprachlern-, Vorbereitungs- oder auch Übergangsklassen. Die Schülerinnen und Schüler der einzelnen Sprachgruppen bleiben meist unter sich. Daraus resultieren Sprachbarrieren, die zu Unsicherheit und Befangenheit untereinander, vor allem aber auch zu den Mitschülerinnen und Mitschülern in den anderen Klassen führen können. Dadurch werden der Austausch zwischen den einzelnen Sprachgruppen und somit auch die Integration in die Regelklassen verzögert.

„Rotado!“ ist ein Gesellschaftsspiel, das zwischen vier Gruppen gespielt wird. Auf einem rotierenden Teller sind unterschiedliche Aufgaben zu lesen, die von den Schülern spontan, mit Tafelkreide auf das Spielfeld, aufgeschrieben werden. Die Aufgaben werden in den zahlreichen Landessprachen der Schüler verfasst. Damit sie verstanden und gelöst werden können, müssen die Spieler der verschiedenen Sprachgruppen aktiv aufeinander zugehen und die jeweiligen Muttersprachler um eine Übersetzung von der Herkunftssprache in das Deutsche bitten. So entsteht ein dynamischer Austausch zwischen allen Schülern. Bei der Auswahl der Aufgaben werden die Schüler von ihren Erziehern oder Lehrern unterstützt: die Aufgaben sollen so gestellt werden, dass sie den Erwerb sozialer Kompetenzen begünstigen und gezielt stärken.

Weil die Aufgaben in eine gemeinsame Sprache, in das Deutsche, übersetzt werden, wird das Erlernen der deutschen Sprache gefördert und gleichzeitig Neugier für die Sprache und Kultur der Neuankömmlinge geweckt. Rotado! rotado! Persisch, Türkisch, Arabisch, Deutsch

Entwurfsverfasser
Nils Enders-Brenner, Ailar Saneifar, Alexandra Tzenova

Blickpunkt - Ein Präsentations-Konzept für Schulprojekte


Das Präsentations-Konzept „Blickpunkt“ ermöglicht eine attraktive und intuitive Aufbereitung und Präsentation von schulischen Unterrichtsergebnissen für schulinterne als auch -externe Personen. So soll die Problematik der mangelnden Transparenz bzgl. verschiedener Unterrichtsinhalte an Schulen behandelt werden. Die unkomplizierte Verwaltung des Präsentations-Konzeptes führt dazu, dass Inhalte stets in aktueller Ausführung vorliegen. So lassen sich beispielsweise Veranstaltungen wie der „Tag der offenen Tür“ ohne zusätzlichen Organisationsaufwand bzgl. der Kursinhalte abhalten.

Der modulare Aufbau und das flexible Befestigungsprinzip erlauben eine einfache Skalierung der eigentlichen Präsentationsfläche im Schulgebäude. Falls erwünscht kann das Konzept auch in anderen Anwendungsbereichen wie innerhalb des Klassenzimmers oder der Aula zum Einsatz kommen und gleichzeitig mit vorhandenen Präsentations-Möglichkeiten wie einem einfachen Schaukasten kombiniert werden. Durch den geringen materiellen Aufwand ist das Konzept im Gegensatz zu massiven Stellwänden oder fest installierten Magnet-Tafeln deutlich kosteneffizienter und verleiht auch bei Nichtgebrauch durch ein farbenkräftiges Muster jeder grauen Schulwand ein persönliches und ästhetisch ansprechendes Erscheinungsbild.

Neben der einfachen und dynamischen Veröffentlichung von Kursinhalten, wird zusätzlich der inhaltliche Austausch zwischen den unterschiedlichen Kursen an einer Schule gefördert, sowie das Selbstbewusstsein der jeweiligen Schüler durch das regelmäßige Ausstellen und Betrachten Ihrer Arbeiten gestärkt.

Entwurfsverfasser
Marco Vrinssen, Niklas Forchhammer, Carla Schorr

Südbook - Das langlebigste und persönlichste Stück Papier aller Zeiten


Schulen und Papier - diese jahrhundertelange Freundschaft hat sogar das digitale Zeitalter überlebt. Auch in der Südschule - Papier bleibt weiterhin das am meisten verwendete Unterrichtsmittel überhaupt. Aber dazu nur am Rande, denn unser Hauptanliegen ist ein anderes: Was bedeutet eigentlich Schulgemeinschaft für die Südschule? Klar, es gibt Schülerausweise, aber davon abgesehen ist es schwer ein Gemeinschaftsgefühl zu provozieren, das von den Schülern selbst ausgeht. Wie aber vermittelt man Gemeinschaft ohne zu verpflichten? Diese Frage beantworten wir mit „südbook“. Es ist ein einfaches kleines Holzboard, eintausendmal beschreibbar, eintausendmal abwischbar, das sich jeder Schüler zu Beginn seines Schullebens an der Südschule nach seinen eigenen Vorlieben und Wünschen basteln kann. Und weil südbook so klein und praktisch ist - man hat nämlich vom Wischtuch bis zum Stift alles dabei was man so braucht - wird es einen auch ständig begleiten, egal ob in der Freizeit oder im Schulleben. Der Schriftzug auf dem Filz wird dabei dem Eingeweihten immer nach außen zeigen, dass sein Träger Teil der Südschule ist. Wir sind uns allerdings sicher, dass es auch die ein oder andere neidische Frage von Nichteingeweihten provozieren wird, südbook will schließlich jeder haben. Und damit sind wir genau da, wo wir hinwollen: südbook spart jede Menge Papier, schließlich muss nicht jedes Namensschild auch noch unseren Urenkelkindern erhalten bleiben und hat noch viele andere praktische Funktionen. Gleichzeitig wird es aber auch ein Identifikationsträger, der nach außen und innen eine klare Botschaft vermittelt. Nämlich: „Ich bin Teil der Südschule und ich bin stolz darauf!“

Entwurfsverfasser
Doris Astner, Simone Hirmer, Jessica Tietz

Überkochen - Inklusion, Ernährung, Schule

 Spielerisch den eigenen Tellerrand gestalten und darüber hinaus blicken

Ziel ist es Gemeinschaft, insbesondere zwischen Übergangsklassen und Regelklassen, zu ermöglichen. Wir möchten ein interdisziplinäres Lehrmittel zur Verfügung stellen, welches erlaubt, eigene Eindrücke und Erfahrungen zu teilen und dazu animiert neugierig auf die Impressionen anderer Kulturen zu sein.

Ein Kochwagen bildet das Zentrum des Entwurfs. Gepackt mit Kisten darf dieser als Einladung zum Entdecken der Kochwerkzeuge verstanden werden. Ein Kochmanifest und ein Kartenset begleiten die Werkzeuge als informatives Element. Diese Karten über Rezepte, Zutaten, allgemeine Informationen und Aktionen, sollen dazu anregen, die Köchin oder den Koch in uns zu wecken. Wir möchten Anreize geben, sprachliche Barrieren durch das gemeinsame Kochen zu überwinden. Die Geschichten über Lieblingsrezepte, zum Beispiel den Apfelkuchen der Oma, möchten erzählt werden. Zudem kann die unterschiedliche Verwendung von Lebensmitteln bereichernd sein. Und außerdem - wie schmeckt ein bayerischer Couscoussalat? Der Kochwagen lässt sich als Lehrmittel verwenden. Welchen Weg legt die Banane von der Plantage in das Klassenzimmer zurück? Geografie kann auch an einem Obstsalat erklärt werden. Und wie verändert Salz den Siedepunkt von Wasser? Auch in Chemie und Physik wird gekocht. So findet Schule nicht länger am Whiteboard statt und Wissen lässt sich nicht nur über Sprache teilen. Das interdisziplinäre Projekt ‚überkochen‘ ist ein aktives Lehrmittel, welches Impulse gibt, die nicht mit dem Pausengong verklingen. Über Kochen werden Vorurteile abgebaut und Grenzen überwunden.

Entwurfsverfasser

Constanze Buckenlei, Marco Kellhammer, Moritz von Ulardt