Frei Otto – forschen, bauen, inspirieren

„Ich habe wenig gebaut. Ich habe aber viele ‚Luftschlösser‘ ersonnen. Warum die wenigen realen Gebäude, die ich selbst machte oder mitmachte, so bekannt wurden, ist mir selbst ein Rätsel, denn die Mehrzahl existierte nur eine kurze Zeit. Ich muss mich selbst fragen, ob ich etwa auch einer der vielen Architekten bin, die als Dirigenten des Bauens das arrangieren, was andere vor ihnen als Erfinder und komponierende Entwerfer erfunden haben. Sicherlich nicht. Manche nennen mich auch Ingenieur. Vom Herzen bin ich Gestaltsucher und manchmal auch Gestaltfinder, der sich der Unvollkommenheit seines Tuns und seiner Produkte bewusst ist.“ (Auszug, Architektur Natur, in: Frei Otto – forschen, bauen, inspirieren, S. 9)

In Vorbereitung zur Ausstellung über das Werk von Frei Otto 2005 im Architekturmuseum der TU München in der Pinakothek der Moderne lernten Eberhard Möller und ich Frei Otto persönlich kennen. Eine Beziehung blieb bestehen, und im Februar 2015 fand ein letztes Treffen in seiner Wahlheimat Warmbronn statt, um mit ihm die nun vorliegende, ursprünglich zu seinem 90. Geburtstag geplante Publikation zu besprechen und ein Geleitwort abzustimmen.

Kein anderer Architekt hat dem Bauen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts so viele Anregungen und Impulse gegeben wie Frei Otto. Lord Norman Foster nannte den großen Pionier der Leichtbauweise »eine Inspiration«. Frei Otto erforschte die Grundlagen zu ressourcenschonendem und energieeffizientem Bauen lange bevor diese Themen in den Fokus der breiten Öffentlichkeit rückten. Mit der Einbeziehung der Nutzer in die Bauplanung sowie der Berücksichtigung klimatischer und örtlicher Gegebenheiten wies er dem Bauwesen neue Wege.
Der Deutsche Pavillon auf der Expo 1967 in Montreal brachte ihm den internationalen Durchbruch und mit der einzigartigen Dachlandschaft für die Olympischen Spiele 1972 in München verbreitete sich sein Ruhm über die ganze Welt.
Die Publikation zeigt seine wichtigsten Arbeiten und gibt Einblicke in alle wesentlichen Aspekte seines Werks. In dessen Zentrum standen die Suche nach leichten und natürlichen Konstruktionen wie auch die Erforschung von Formfindungs- und Selbstbildungsprozessen, um eine leichte und anpassungsfähige Architektur zu schaffen. Anhand von Frei Ottos Zelten, Seilnetzen, wandelbaren Dächern, Gitterschalen, Verzweigungen und Pneus wird gezeigt, wie seine Ideen weltweit aufgegriffen und fortgeführt wurden.

Irene Meissner, Eberhard Möller (Hg.)
DETAIL – Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG, 2015 
Gebundene Ausgabe, 128 Seiten 
Deutsch / Englisch
ISBN 978-3-95553-252-9