Meist sind sie eng, lang und unübersichtlich: Korridore erzeugen in uns ein beklemmendes Gefühl. "Es ist eine Architektur, in der wir uns einerseits nicht richtig wohlfühlen – andererseits ist der Korridor omnipräsent", sagt TUM-Professor Stephan Trüby. Der Architekt muss es wissen - er hat seine Doktorarbeit über die "Geschichte des Korridors" verfasst.
In dieser Arbeit wird die Geschichte der Architektur sozusagen durch "die Brille des Korridors" betrachtet, wie Trüby erklärt. Der Ansatz, die Architektur aus der Perspektive ihrer Bestandteile zu betrachten, überzeugte auch Rem Koolhaas, Direktor der diesjährigen Architektur-Biennale in Venedig (7. Juni bis 23. November). Die Hauptausstellung im Padiglione Centrale der diesjährigen, unter dem Motto "Fundamentals" stehenden Architektur-Biennale trägt die Überschrift "Elements of Architecture". Sie ist konzeptionell auf Trübys Doktorarbeit aufgebaut.
Ausstellung mit Überraschungseffekt
Jeweils einem Element der Architektur – wie zum Beispiel der Treppe oder dem Fenster - ist dabei ein Raum im Pavillon gewidmet. "Um das Ganze besser zu verstehen, ist es manchmal gut, auf die Elemente des Ganzen zu schauen", erklärt Trüby, der auch Co-Kurator der Ausstellung ist. Diese Herangehensweise an die Architektur ähnele dem "Reverse Engineering": Um die Struktur und Zusammensetzung eines Objektes zu verstehen, wird es in Einzelteile zerlegt.
In Zusammenarbeit mit der TU München konzipierte Trüby den zentralen "Korridorraum". Trüby war es wichtig, die für Korridore typische klaustrophobische Stimmung zu erzeugen. Den gesamten Raum, der teilweise unterirdisch liegt, ließ er daher mit Korridoren zubauen, sodass eine Art Labyrinth entsteht. "Durch die neu gebauten Korridore ist von der einstigen Weite des Raumes nichts mehr zu erkennen – ein ziemlicher Überraschungseffekt", erklärt Trüby.
Trüby übernimmt neugeschaffene Professur
Ab September 2014 wartet auf Trüby eine neue Herausforderung: Er wird die Tenure-Track-Assistant-Professur für Architektur- und Kulturtheorie an der Fakultät für Architektur an der TU München übernehmen. Besonders reizvoll ist für ihn an der neugeschaffenen Professur die "Aussicht darauf, im Bereich Architekturtheorie etwas Neues aufzubauen".
Neben der "neurowissenschaftlichen Architekturforschung" – dem wohl weltweit einzigen architekturtheoretischen Forschungsschwerpunkt dieser Art – wird zu seinen Forschungsgebieten die Ökonomie der Architektur und des Urbanismus sowie – in Fortführung der Biennale-Ausstellung – die Elemente und Synthesen des architektonischen Raumes gehören. (Stefanie Reiffert)