Impulsvortrag: Anne Lacaton, Jean Philippe Vassal

Ein Vortrag von Anne Lacaton, Lacaton & Vassal Architects, Paris zum Thema "Re-Invent – Bauen im Bestand" am 8. Mai 2014 um 18.15 im Oskar von Miller Forum.

 

Re-Invent – Bauen im Bestand

Nach Auffassung des Architekturbüros Lacaton & Vassal besteht die vorrangige Aufgabe eines Architekten darin, genau zu beobachten, zu untersuchen, Überlegungen anzustellen, Positionen abzuwägen und erst dann zu entscheiden, was zu tun ist, was gebaut werden soll und manchmal auch, ob überhaupt gebaut werden soll.

Die Herausforderungen unserer modernen Gesellschaft scheinen im Grunde alle auf einer Kultur der Achtsamkeit, der Interpretation und der Umgestaltung der bestehenden Umgebung zu beruhen. Entscheidend dabei ist es, die Möglichkeiten der vorhandenen Bausubstanz voll auszuschöpfen und alles in einem neuen Licht zu betrachten. Die bestehende Substanz liefert das Grundgerüst für sämtliche Projekte der Architekten Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal.

Die Umgestaltung sowie Nutzung von Bestandsgebäuden bedeutet, dass man ein guter Beobachter sein und sich einen möglichst tiefgehenden Einblick verschaffen muss … man Orten, Bäumen, Menschen Verständnis, Neugierde, Aufmerksamkeit entgegenbringt ... man positiv denkt und alles, was bereits vorhanden ist, als Vorteil betrachtet, als Chance und als Mehrwert. Das Anbauen, Zusammenführen, Erweitern, Überbauen und Überbrücken von Bestandsgebäuden ist immer eine interessantere Ausgangsbasis als ein brachliegendes Gelände. Im Projektverlauf entsteht daraus eine völlig neue bauliche Situation, die durch die Geschichten und die Vielschichtigkeit, die ein Gebäude ausmachen, bereichert wird.

Das Architekturbüro Lacaton & Vassal wurde von Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal 1989 in Paris gegründet. Der Schwerpunkt des Vortrags entspricht dem persönlichen Credo der beiden Architekten – 90% dessen, was man für den Bau eines Gebäudes benötigt, ist bereits vorhanden. Beispielhaft werden die bekannten sozialen Wohnungsbauprojekte aus der Feder des Architektengespanns gezeigt und diskutiert.

Der Vortrag wird in englischer Sprache gehalten.

Über Anne Lacaton

Anne Lacaton wurde 1955 in Frankreich geboren. Nach dem Abschluss an der Architektur Hochschule in Bordeaux im Jahr 1980 erwarb sie 1984 ein Diplom in Stadtplanung an der Universität von Bordeaux. Sie war an verschiedenen Hochschulen als Gastprofessorin tätig, so zum Beispiel an der Universität von Madrid (2007), an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (2010/11) und am Harvard Design School Studio in Paris (2011).

Jean Philippe Vassal wurde 1954 in Casablanca geboren. Nach seinem Abschluss an der Architekturhochschule Bordeaux im Jahr 1980 war er von 1980 bis 1985 als Stadtplaner im Niger tätig. Er lehrt seit 2012 an der Universität der Künste (UdK) in Berlin und war von 2007 bis 2010 Gastprofessor an der TU Berlin sowie von 2010/11 an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne.

Projekte

Bedeutende Projekte des Architekturbüros Lacaton & Vassal: FRAC Dünkirchen (Öffentliche Sammlung Zeitgenössischer Kunst), Palais de Tokyo in Paris, Zentrum für Zeitgenössische Kunst, Sozialwohnungen und Studentenwohnungen in Paris, Musik- und Mehrzweckhalle in Lille, Café für das Architekturzentrum in Wien; Pôle universitaire de sciences de gestion (Außenstelle der Universität Bordeaux), Ecole d'architecture (Architekturhochschule) in Nantes.

Aus der Feder des Architektenduos stammen ferner Wohnbauprojekte in Frankreich wie das Maison Latapie in Bordeaux, das „Haus in den Bäumen“ mit Blick auf die Bucht von Arcachon sowie mehrere Projekte im Bereich Sozialer Wohnungsbau: Umbau Tour Bois le Prêtre in Paris (in Zusammenarbeit mit dem Architekten Frédéric Druot), „Cité Manifeste“ in Mulhouse.

Gegenwärtig arbeiten Lacaton und Vassal am Umbau von modernistischen Sozialwohnungen in Saint-Nazaire, La Chesnaie und in Bordeaux Grand-Parc, einem Fünf-Sterne-Hotel in Dakar (Senegal) sowie der Errichtung von 96 Wohnungen in Chalon-sur-Saône und 59 Wohnungen in Mulhouse. Jedes der genannten Projekte ist vom Prinzip der Großzügigkeit und Wirtschaftlichkeit geprägt: Durch eine Änderung des bestehenden Standards sollen die Wohn- und Nutzungsbedingungen sowie die Raumaufteilung optimiert werden.

Veranstaltungsort: Oskar von Miller Forum