„flexcover“ – Autoreactive Building Envelope

Die Professur für Entwerfen und Gebäudehülle arbeitete in den vergangenen Monaten am Projekt „flexcover“: Zusammen mit renommierten Fassadenschmieden wurde unter der Projektleitung von Dr. Philipp Molter ein selbstregulierendes Fenster entwickelt, das sich völlig autoreaktiv und ohne zusätzliche Energie selbst öffnet und schließt. Leitendes Vorbild für diese innovative Entwicklung war die menschliche Haut.

Beispielhafte Erläuterung der Erfindung anhand der Zeichnungen links und rechts im Bild © Professur für Entwerfen und Gebäudehülle der TU München

In den vergangenen Jahrzehnten entstanden viele Verwaltungsgebäude mit doppelschaligen vollverglasten Fassaden. Neben gestalterischen Aspekten erhoffte man sich auch Vorteile hinsichtlich Tageslichtautonomie, Akustik, natürlicher Belüftung usw. Trotz der vielen Vorteile, zeigten sich aber auch einige Nachteile. Einer der schwerwiegendsten dieser sogenannten Doppelfassade ist die Überhitzung des Fassadenzwischenraumes: der sich im Schalenzwischenraum befindende Sonnenschutz reflektiert zwar einen Teil der Solarstrahlung, ein anderer Teil wird aber in der Sonnenschutzeinheit absorbiert und in Wärme umgewandelt. Diese Wärme wird an die Umgebung des Schalenzwischenraums weitergegeben. Wird dieser nicht ausreichend belüftet, kann sich vor allem in den Sommermonaten an Tagen mit hohen Strahlungswerten eine Überhitzung des Zwischenraumes einstellen, der zeitverzögert auch an die angrenzenden Innenräume weitergegeben wird, was zur Erhöhung der Kühllasten führt.

Ziel des Projekts „flexcover“ war es folglich, eine temperaturabhängige Belüftung für Fassadenzwischenräume zu entwickeln, die zur Erhöhung des thermischen bzw. optischen Komforts in Innenräumen beiträgt und dabei ohne den Einsatz von Sensoren oder zusätzlichen Energien (wie z.B. Strom) auskommt.
Nach dem Vorbild der menschlichen Haut, die ihre Poren öffnet um die Körpertemperatur zu regulieren, „atmet“ die neu entwickelte Fassade bei Bedarf und trägt so dazu bei, dass auf den Einsatz mechanischer Belüftung und Klimatisierung von Innenräumen verzichtet, oder dieser zumindest reduziert werden kann.

Die Erfindung richtet sich dabei auf ein autoreaktives System, das die natürliche Belüftung des Fassadenzwischenraumes in Abhängigkeit von der Temperatur bedient. Die zum Einsatz gebrachten verantwortlichen Komponenten, die auf Temperaturänderung reagieren, sind hier Dehnstoffelemente (oder Thermozylinder), in denen sich ein autoreaktives Material über einer bestimmten Temperatur ausdehnt und dann einen Kolben bewegt. Dank ihrer Eigenschaften finden Dehnstoffelemente seit Jahren Anwendungen als Belüftungselemente in Gewächshäuser; sie sind darüber hinaus stetig verfügbar, günstig und ökologisch kompatibel.

Weitere Details zur Erfindung und zur Funktionsweise der Fassade werden von den Projektbeteiligten anschaulich in einem kurzen Filmbeitrag erläutert.

Das Projekt wurde von Claudio Aresta, Johannes Ingrisch und Tillmann Klein unter Leitung von Philipp Lionel Molter und in Kooperation mit Michael Reifer von Frener Reifer Fassaden entwickelt.

An der Professur für Entwerfen und Gebäudehülle stehen die Gestaltung technisch leistungsfähiger Systeme und die Entwicklung innovativer Komponenten für Gebäudehüllen im Zentrum. In Forschungskooperationen entwickelt die Professur integrative Fassadensysteme. Dabei wird versucht nach ganzheitliche Lösungen zu suchen, welche sowohl technische Innovationen als auch konstruktive Ästhetik in sich vereinen.