Erfolgreiche DFG-Antragsstellung

Der Senat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat im März 2019 die Einrichtung des Schwerpunktprogramms „Kulturerbe Konstruktion – Grundlagen einer ingenieurwissenschaftlich fundierten und vernetzten Denkmalpflege für das bauliche Erbe der Hochmoderne“ beschlossen. In der ersten dreijährigen Förderperiode wurden nun insgesamt elf Forschungsprojekte bewilligt. Prof. Dr. Andreas Putz, der seit 2018 die neugeschaffene Professur für Neuere Baudenkmalpflege an der TUM aufbaut, ist als Antragsteller an gleich zwei dieser Projekte beteiligt:

Spuren verschiedener früherer Instandsetzungen an den Betonwaben des Neubaus der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche (Egon Eiermann, 1961). © Christoph Dauberschmidt.


Zum Umgang mit historischen Betoninstandsetzungen - Wertung und Umgang mit früheren Instandsetzungsmaßnahmen bei Sichtbetonbauten der Hochmoderne.
Ziel des gemeinsam mit Prof. Dr.-Ing. Christoph Dauberschmidt (Hochschule München) beantragten Projekts ist es, frühere Instandsetzungen an Sichtbetonbauwerken sowohl denkmalpflegerisch wie bautechnisch zu bewerten und Strategien für den Umgang zu entwickeln. Der Blick über die Instandsetzung der Betonbauwerke erlaubt dabei neue Erkenntnisse über die paradigmatische Konstruktionsart der Hochmoderne. Grundlage des Vorhabens ist zunächst eine Aufarbeitung der Geschichte der Betoninstandsetzung in Deutschland, wobei der Fokus auf die Phase nach 1945 und vor 1990 gelegt werden soll. Darüber hinaus sollen wesentliche Instandsetzungsprodukte (Stoffzusammensetzung, Anwendungen, Hersteller) und Methoden der Bauwerksdiagnose identifiziert und bewertet werden. Mittels Fallstudien und Untersuchungen am Objekt sollen diese Erkenntnisse empirisch überprüft werden. Im Zusammenhang mit dem zu erarbeitenden historischen Überblick ergeben sich neue Erkenntnisse für den erhaltenden Umgang mit den Objekten der Fallstudien selbst. Letztlich stellt sich auch die Frage, in welchem Verhältnis die früheren Bemühungen zur Instandsetzung und Erhaltung zur fachlichen und öffentlichen Rezeption und Bewertung der Betonbauwerke standen. Gerade bei Betoninstandsetzungen bilden die grundlegenden Denkmalpflege-Kategorien „Authentizität“ und „Integrität“ wesentliche Pole des Diskurses. 

"Die letzten Zeugen" – Messmodelle im Ingenieurbauwesen - wissenschaftliche Bedeutung und Erhaltung. 
Das gemeinsam mit Prof. Dr.-Ing. Christiane Weber (Universität Innsbruck) und Prof. Dr.-Ing. Eberhard Möller (Hochschule Karlsruhe) vorgeschlagene Projekt widmet sich den letzten Zeugen der Modellstatik. Gemeint sind damit Modelle, die im Ingenieurbau eingesetzt wurden, um Tragwerke zu analysieren, zu verstehen, im wahrsten Sinne des Wortes zu begreifen und schließlich sogar zu bemessen und zu prüfen. Das den Ingenieuren im Gegensatz zu Architekten immer noch fehlende Bewusstsein für ihre eigene Geschichte hat zudem dazu geführt, dass nur ganz selten Messmodelle den Weg in Archive und Museen finden. Dabei haben diese Ingenieurmodelle ihren eigenen Wert als Wissensspeicher, mit deren Hilfe sich Planungs- und Bauprozesse nachvollziehen lassen. Gerade für Laien sind Modelle sehr viel einfacher lesbar als Pläne, wodurch diese Objekte unter anderem für Architektur- und Technikmuseen und akademische Sammlungen von großem Interesse wären. Ihre Erhaltung steht dabei vor der Herausforderung einer doppelten Identität als materielle Artefakte einerseits und als wissenschaftlich-technische Apparaturen andererseits. Die interdisziplinäre Forschergruppe aus Wissenschaftlern der Disziplinen Bautechnikgeschichte, Ingenieurbau und Restaurierungswissenschaft hat es sich zum Ziel gesetzt, die noch vorhandenen Messmodelle im deutschsprachigen Raum grundlegend zu erfassen, ihren wissenschafts- und bautechnikhistorischen Kontext zu erforschen und Möglichkeiten einer langfristigen Erhaltung dieses technischen Kulturerbes aufzuzeigen. 

Ziel des Schwerpunktprogramms ist die fach- und ortsübergreifende Bündelung der Kompetenzen von Geschichtswissenschaften, Denkmalpflege und Bauingenieurwesen zur Entwicklung eines neuen Arbeitsfelds „Ingenieurwissenschaftlich fundierte und vernetzte Denkmalpflege“. Im Fokus des SPP 2255 steht mit den Bauten der Hochmoderne (etwa 1880 bis 1970) ein noch junges Erbe, das umfassend das Bild unserer Städte und Landschaften prägt, zugleich aber in seinem Bestand stark gefährdet ist. Denkmalgerechte Strategien und Methoden für dessen Bewertung und Erhalt sind jedoch erst ansatzweise entwickelt; es mangelt an bautechnikgeschichtlichen, denkmaltheoretischen und ingenieurwissenschaftlichen Grundlagen sowohl für die Bewertung als auch für die Bewahrung.