Call for Papers "Figurationen von Gender im zeitgenössischen Architekturdiskurs"

Das 7. Forum Architekturwissenschaft fragt nach dem gegenwärtigen Stand der Geschlechterforschung in unserer Disziplin und ihrer Verankerung in Forschung, Lehre und Praxis. Durchgeführt wird die Veranstaltung vom Netzwerk Architekturwissenschaft e.V. in Kooperation mit der Technischen Universität München (TUM). Der Call for Papers läuft bis zum 26. Juni 2020.

© Netzwerk Architekturwissenschaft e.V.

Jüngst erleben Feminismus und Gender Studies ein Wiederaufleben sowie eine Neuausrichtung. Zwar gelten Gender- und Diversitätspolitik aufgrund ihrer rechtlichen und institutionellen Stellung in Unternehmen und an Hochschulen gemeinhin als etabliert. Empirische Studien zu Bildungs- und Karrierechancen sowie zur anhaltenden Lohnungleichheit belegen jedoch zugleich die schleppenden Fortschritte beim Abbau von Geschlechterunterschieden. Nicht zuletzt ist die Geschlechterforschung zunehmend Angriffen aus dem konservativen Lager und der Neuen Rechten ausgesetzt, welche auf ihre wissenschaftliche und gesellschaftliche Delegitimierung einerseits abzielen und andererseits erworbene Rechte und das Umdenken in Bezug auf Geschlecht und Sexualität in Frage zu stellen suchen.

Für die Architektur mag ein solch ernüchternder Zustandsbefund noch stärker gelten als für andere Wissensgebiete. Ist die Geschlechterforschung vielerorts zu einem festen Bestandteil der Wissensproduktion geworden, so führt sie hier noch immer ein Schattendasein. Zudem halten sich Vorstellungen von einer Neutralität des Gebauten, ein gleichsam normatives Verständnis selbstbezogener Disziplinarität sowie primär männlich ausgerichtete Meister-Erzählungen besonders hartnäckig. Die Architekturforschung bezüglich Fragen von Körper, Geschlecht und Sexualität ist seit dem Aufkommen erster frauenspezifischer Untersuchungen der gebauten Umwelt vor etwa einem halben Jahrhundert zwar beträchtlich angewachsen und differenziert. Allerdings kann von einer Ankunft dieses Wissens im generellen Selbstverständnis der Architektur bislang keine Rede sein. Gleichzeitig ist der deutschprachige Diskurs zu Gender, wie in anderen Bereichen der Kulturwissenschaften, allgemein weniger stark ausgeprägt als im angelsächsischen und angloamerikanischen Raum. Denkansätze an den Schnittstellen von Gender-, Critical Race- und Disability-Studies stellen aktuell Fragen bspw. zu Intersektionalität und stehen nicht zuletzt im Kontext zeitgenössischer aktivistischer Debatten; genannt seien #MeToo, die Frauenstreikbewegung, die Krise der Sorgearbeit sowie die Rechte von Women* of Color und von behinderten, queeren, trans*-, inter*- und nichtbinärgeschlechtlichen Menschen. Uns interessiert die Resonanz dieser Diskussionsfelder in der Architektur.

Das Forum erstrebt eine Positionsbestimmung von aktuellen Ansätzen der Genderforschung in der Architekturwissenschaft und möchte zu einer stärkeren Vernetzung von Forschenden – und somit der Stärkung der architekturbezogenen Geschlechterforschung – im deutschsprachigen Raum dienen. Außerdem soll das aus den Vorträgen gewonnene Wissen über gemeinsame Diskussionen zwischen verschiedenen Feldern (Geschichte – Praxis – Vermittlung) in Handlungsempfehlungen und Strategien für Ausbildung, Profession und Vermittlung von Architektur übersetzt werden.

Für die inhaltliche Ausgestaltung suchen wir Beiträge zu folgenden drei Sektionen (ausführlichere Informationen siehe PDF zum Call for Papers: 7. Forum Architekturwissenschaft):

  1. Historiographie – andere Erzählungen
    Vor dem Hintergrund von Geschlechterdifferenz und -normen richtet dieser thematische Block in erster Linie methodische Fragen an die Geschichtsschreibung der Architektur und des architektonischen Entwerfens. 
     
  2.  Körper- und Geschlechtlichkeiten in Technik- und Planungsdiskursen
    Ausgehend von dem Verständnis von Architektur als einer Disziplin, die nicht nur Lebenwirklichkeiten gestaltet, sondern auch menschliche Körper formt, fragt diese Sektion danach, auf welche Weise sowohl gedachte Körperbilder als auch gelebte Körperlichkeiten durch die Produktion und Nutzung sowie durch die Zuschreibung und Aneignung von Räumen konstituiert werden. 
     
  3. ‘Raum an der Spitze?’ – Institutionsanalysen und -politiken
    Die dritte Sektion fokussiert im Anschluss an die vorangestellten Fragen das Verhältnis zwischen der Geschlechterforschung in der Architektur und ihrer als dringend notwendig erachteten systematischen Verankerung in der Profession. 

Die Tagung richtet sich an Wissenschaftler*innen aus der Architektur und den benachbarten Disziplinen, praktizierende Architekt*innen sowie Personen, die in der Vermittlung, der kuratorischen Praxis oder auch auf der Ebene der Verbände tätig sind.

Bitte senden Sie ihr Abstract (max. 400 Wörter) für Vorträge (max. 20 Minuten) sowie einen kurzen Lebenslauf bis zum 26.06.2020 an die folgende E-Mail Adresse: forum2020@architekturwissenschaft.net 

Die Auswahl der Beiträge erfolgt bis zum 15.07.2020. Wir bitten um die Zusendung eines vorläufigen Manuskripts bis zum 12.10.2020, das im Kreis der Beitragenden vorab zirkuliert wird.
Im Anschluss an die Tagung ist eine Publikation (open access und print on-demand) in der Reihe des Forum Architekturwissenschaft zum Thema geplant.

Das Forum Architekturwissenschaft ist eine Veranstaltung des Netzwerks Architekturwissenschaft e.V.. Als Plattform des wissenschaftlichen Austauschs und der Vernetzung greift es in regelmäßigem Turnus relevante Themen der Architekturwissenschaft auf. 

Hinweis:
Wir hoffen derzeit, dass die Tagung im November an der TU München stattfinden kann. Sollten die Entwicklungen das in keiner Form zulassen, ist ein Alternativtermin im April 2021 vorgesehen.

Veranstalter: 
Netzwerk Architekturwissenschaft e.V. in Kooperation mit der Technischen Universität München (TUM)

Organisation: 
Doris Hallama (TUM), Torsten Lange (TUM), Nathalie Bredella (UdK, Berlin).