„Architektur ist so viel mehr, als nur für vier Wände und ein Dach zu sorgen“

TUM-Studentin Sarah Maafi schreibt für führende Magazine wie The Architects‘ Journal und das RIBA Journal. Ihr Text „Ending Racism is a Choice“ wurde kürzlich mit dem ersten Platz beim Schreibwettbewerb „RIBA Future Architects“ des Royal Institute of British Architects ausgezeichnet. Ein Gespräch darüber, wie Architektur neu gedacht werden sollte.

Verfasserin von "Ending racism is a choice": TUM-Studentin Sarah Maafi vor dem Royal Crescent in Bath im Südwesten Englands (Bild: privat).


Anstoß für den Text über Rassismus in Ihrem Berufsfeld und in der Gesellschaft war der gewaltsame Tod des US-Amerikaners George Floyd im Sommer 2020. Warum hatten Sie das Bedürfnis, sich zu diesem Thema zu äußern?

Bei den weltweiten Protesten hatte ich das Gefühl, dass Rassismus ein größeres Thema geworden ist. Deshalb habe ich überlegt, wie man die Debatte darum fortsetzt – damit es nicht nur ein Moment in der Geschichte bleibt. Rassismus ist immer noch ein Tabuthema. Eigentlich wollen wir doch nur das Zusammenleben und Zusammenarbeiten für alle verbessern.

Im universitären Kontext kann sich bestimmt auch noch viel zum Besseren ändern.

Zum Beispiel, was die Lehrinhalte angeht. Aktuell setze ich mich mit einer Kommilitonin dafür ein, dass es an meiner Fakultät ein Modul zu Kolonialarchitektur gibt. Über zeitgenössische Architektur aus anderen Ländern könnte man im Studium auch viel mehr sprechen.

Nach Ihrem Bachelor-Abschluss in Architektur haben Sie von 2018 bis 2020 für das Architekturbüro „Feilden Clegg Bradley Studios“ in Bath gearbeitet. Was waren Ihre Eindrücke aus dieser Zeit?

Ich habe unter anderem an zwei Universitätsgebäuden mitgearbeitet, einem Gebäude der University of Bristol und dem BioCentrum der University of Cambridge. Nebenbei haben wir in einem Freiwilligenteam auch einen umweltfreundlichen Sommerpavillon für das Holburne-Museum in Bath auf die Beine gestellt. Es gab viele Möglichkeiten, sich einzubringen.

Bei diesen Projekten hat sich wahrscheinlich ausgezahlt, dass Sie bis kurz davor noch studiert hatten und so einen anderen Blick auf die Arbeit an den Universitätsgebäuden mitbrachten.

Uni-Gebäude zu planen ist auf jeden Fall ein interessanter Perspektivwechsel. Gerade als junger Mensch denkt man viel über das tägliche Leben in der Universität nach und wie man es zum Beispiel durch kurze Wege oder bessere Akustik erleichtern kann. Wo treffen sich zum Beispiel die Studenten zum Kaffeetrinken oder Lernen? Wo holt man seine Bücher ab? Bei dem Gebäude in Bristol war zum Beispiel die Zusammenarbeit der Firmen mit den Studenten ganz wichtig. Dafür haben wir Projekträume eingerichtet. Das wird ja an der TUM auch ganz groß gelebt.

Haben Sie in der Architektur britischer Universitätsgebäude einen Unterschied zu Deutschland erlebt?

Das Konzept einer „Civic University“ wird von Architekten in Großbritannien angestrebt – also eine Universität, die auch Teil der Stadt ist. In Deutschland funktioniert das schon ganz gut, weil die Öffentlichkeit ziemlich nah an Unis wie etwa die TUM herankommt.

Vor ihrem Architektur-Studium haben Sie Kunstgeschichte an der University of Sussex studiert, wohl auch deswegen interessiert sie Architektur an der Schnittstelle zwischen Kunst und Gesellschaft. Sehen sie sich in ein paar Jahren in dem Bereich arbeiten?

Wo ich mal landen werde, weiß ich noch nicht sicher. Aber diese Kombination finde ich auf jeden Fall interessant. Denn es geht nicht nur darum, wie ein Gebäude aussieht – sondern auch, was es bedeutet, was man als Architektin damit bewirken will und was es für eine Wirkung auf die Menschen hat, die das Gebäude dann nutzen. Architektur ist so viel mehr, als nur für vier Wände und ein Dach zu sorgen.
 

Interview des Corporate Communications Center der TUM